Christina Krick: Schon immer Basketball!*

Die 26 Jahre junge und 169 cm große Christina Krick spielt in der 2. Damen Basketball Bundesliga (Süd) für die SG Weiterstadt. Die aus Nordrhein-Westfalen stammende junge Frau, die bereits Deutscher Pokalsieger und Deutscher Vizemeister (New Basket Oberhausen) wurde, ist auf dem Parkett nicht nur wieselflink, pfeilschnell, umsichtig und treffsicher unterwegs – vielmehr zeichnet sie sich dadurch aus, dass sie bei aller angehäuften Erfahrung nach wie vor zum Training oder auf das Spielfeld geht, um zu lernen und sich weiter zu entwickeln.In unserem kleinen Interview hier erzählt uns Chrissi nicht nur von den technisch-taktischen Aspekten ihres Basketballsportes, sondern gleichwohl und besonders engagiert von den menschlichen Begleitumständen – von Gastlichkeit, Herzlichkeit, Freundschaft. Nur hier, nur jetzt:

Ich glaube, dass man vor allem den Spaß am und die Liebe zum Basketball mitbringen muss“

(Das Interview wurde geführt bevor fest stand, dass unser DBBL-Team in den Play-Offs spielen würde.)

JJ: Christina, bevor wir hier die großen und brisanten Themen beackern ;-), steigen wir mal locker mit dem Blick in deine Vergangenheit ein. Wie war das vor einigen Jahren in deiner Kindheit – der Klassiker mit dem Vater, Onkel oder Bruder, die dich mit in die Basketballhalle nahmen oder ganz, ganz anders?

Christina Krick: Ehrlich gesagt kann ich es gar nicht so richtig erklären. Ich wollte einfach schon immer Basketball spielen. Leider ging das damals erst ab der U12. Daher musste ich warten bis ich zehn war, um in meinem Heimatverein TSV Viktoria Mülheim einsteigen zu können.Meine Familie hat mich damals und bis jetzt immer super unterstützt. Ohne sie wäre meine gesamte Entwicklung so nicht möglich gewesen.

JJ: Und: Wie war das damals, was hat die kleine Christina fasziniert an der orangen Kugel, was hat dich am Ball gehalten?

Christina: Das Schönste am Basketball ist für mich schon immer, dass man nie alleine ist. Man hat immer seine Mitspielerinnen um sich und trainiert und spielt gemeinsam. Am Spiel an sich hat mir anfangs besonders die Geschwindigkeit gefallen. Als ich klein war, ging es vor allem darum, möglichst schnell und viel zu rennen.

JJ: Was fasziniert dich jetzt als etablierte, erwachsene Spielerin an diesem Sport? Sowohl wenn du selbst spielst als auch wenn du zuschaust?

Christina: Am meisten fasziniert mich die Vielfalt. Es gibt so viele verschiedene Spielertypen und Dinge, die man lernen kann. Im Laufe der letzten Jahre wurde mir immer mehr klar, dass man sich nicht auf eine Sache limitieren lassen sollte, sondern sein eigenes Spiel erweitern kann, wenn man das möchte. Es macht einfach Spaß, immer wieder Neues zu lernen, nicht nur von Coaches, sondern auch von anderen Spielerinnen/Spielern. Egal wie alt man ist oder wie lange man schon spielt, man kann sich immer weiterentwickeln.

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JJ: Christina, bei der Recherche über dich fand ich Stellenbeschreibungen von „Spielmacherin“ über „Shootingguard/Small Forward“ bis hin zu „Guard/Forward“. Vergessen wir das mal. Welche ist deine Lieblingsposition, wie bezeichnest du sie, welche Voraussetzungen und Talente musst du dafür mitbringen, welche bringst du mit? Was bereitet dir Spaß speziell an dieser Position?

Christina: Ich würde mich als Shooting Guard bezeichnen. Da ich leider nicht sehr groß bin, fühle ich mich auf der Position zwei zuhause. Ich glaube, dass man vor allem den Spaß am und die Liebe zum Basketball mitbringen muss. Talent wird einen nicht allzu weit bringen, wenn man keinen Willen und Spaß daran hat, hart an sich zu arbeiten. Sportlich gesehen habe ich Glück, dass ich relativ schnell bin, alles andere erreicht man nur durch Training und noch mehr Training. Meine Stärken liegen vor allem in der Verteidigung, aber auch im Zug zum Korb, um zu punkten und für andere zu spielen. Mir macht es besonders Spaß, dass ich mich nicht auf eine Sache wie beispielsweise Werfen beschränken muss, sondern ich mein Spiel aus vielen verschiedenen Aspekten zusammensetzen kann.

JJ: Ich habe zu meiner Zeit als unterklassiger Fußballspieler lieber die Vorlagen zu den Toren gegeben (Flanken, Steilpässe), mein Sohn – ohne dass ich ihn extra fragte – wirft als Basketballer gerne aus der Distanz und freut sich diebisch über den einen oder anderen Steal. Manch einer wartet nur darauf, zum Dunking aufzusteigen. Wie gehts dir, Christina, passt, verteidigst, wirfst du gerne? Oder ist es die Vielfalt, die Abwechslung?

Christina: Ehrlich gesagt mag ich die gute Mischung, von allem ein bisschen. Das macht das Spiel so interessant für mich. Rückblickend hat mir Katja Zberch bei New Basket Oberhausen besonders dabei geholfen, das zu verstehen. Sie wollte, dass ich mich nicht auf eine Sache beschränke, sondern variabel spiele.

JJ: Plaudere bitte mal ein bisschen über die SG Weiterstadt; bist du auf ein basketballverrücktes Völkchen getroffen, wie familiär, wie professionell geht’s zu im Verein und was für ein Team seid ihr menschlich wie spielerisch?

Christina: Als ich vor zwei Jahren aus NRW nach Weiterstadt gezogen bin, wusste ich erst nicht, was mich erwartet. Das Einzige, was ich wusste, dass Weiterstadt ein ganz kleines Städtchen – oder eher ein Dorf – irgendwo in Hessen ist, in dem meine Freundin Aline Stiller aufgewachsen ist. Als ich neu in die Mannschaft kam, wurde ich unglaublich herzlich begrüßt. Diese erste Begrüßung hat mir sehr geholfen, mich schnell wohl zu fühlen. Auch Aline und ihre Familie haben mich sehr unterstützt und mir alles hier erleichtert. Der ganze Verein ist super familiär. Ich komme gerne in die Halle. Auch wenn andere Mannschaften trainieren, ist man stets willkommen. Im Sommer trainieren wir zum Beispiel oft bei den Herren mit und zocken gemeinsam. Aber auch unter der Saison gibt es immer eine Möglichkeit, irgendwo mitzumachen. Am Wochenende schauen die Teams sich gegenseitig bei ihren Spielen zu und unterstützen sich. In Weiterstadt kann man sich einfach nur zuhause fühlen. Der Verein zeichnet sich durch Jugendarbeit und Kontinuität aus. Daher bin ich auch sehr froh darüber, dass sich mein Team in den letzten zwei Jahren nur wenig verändert hat. Menschlich gesehen kann ich mir keine bessere Mannschaft vorstellen. Ich habe hier nicht nur ein tolles neues Team gefunden, sondern auch Freundschaften geschlossen. Hier geht Basketball über die Hallentür hinaus. Und auch spielerisch gesehen schätze ich es sehr, ein Teil dieser Gruppe zu sein, die unglaublich hart an sich arbeitet, individuell und auch als Team. Wir haben es geschafft, in unserer zweiten Saison an die Tür der Playoffs anzuklopfen, ich glaube, dass sagt alles über unsere Entwicklung als Mannschaft.

JJ: Wie liegt Ihr als Team im Plan und wie läuft’s bei dir persönlich?

Christina: Derzeit sind wir auf dem vierten Tabellenplatz. Wir haben noch zwei schwierige Spiele gegen Keltern und Speyer. Wir werden alles dafür tun, noch zwei Siege nach Hause zu bringen. Dann haben wir es in die Playoffs geschafft. Ich wünsche es mir sehr für die Mädels, Coaches und den Verein. Der Einzug in die Playoffs wäre ein tolles Ende der Saison.

Aber auch wenn wir es nicht schaffen, könnte ich nicht stolzer auf unser Team sein. Wir hatten diese Saison einige tolle Spiele, die gezeigt haben, was in uns steckt. Leider lief es bei mir in den letzten Wochen mit dem Scoren nicht so gut, der Korb war wie vernagelt. Jetzt zählt nur weiterkämpfen und versuchen, alles für das Team zugeben. Positiv denken und das tun, was das Team braucht, auf und neben dem Feld.

JJ: Christina, ich weiß von Kolleginnen von dir, von Fans, und aus eigener Sicht, dass in der 1. Damen Basketball Bundesliga die Stützen der Teams oft oder meistens von ausländischen Spielerinnen besetzt werden (USA). Ich verstehe das einerseits, Erfolg soll her, Attraktivität, Zuschauer, Sponsoren… Gleichwohl halte ich die Praxis, wenn wir an die Entwicklung des deutschen Basketball denken, für kontraproduktiv. Zudem denke ich, dass es Mädels aus unserem Land gibt, die mit Riesen-Talent auflaufen und das auch bewiesen haben. Wie siehst du das? Werden in den USA, ganz einfach weil Basketball dort einen viel, viel höheren Stellenwert hat, viel mehr öffentliche Wertschätzung da ist, dadurch professionellere Trainings- und Spielbedingungen herrschen, automatisch aus ähnlich viel Talent dann die besseren Spielerinnen ausgebildet? Siehst du eine Möglichkeit, den gordischen Knoten zu knacken? Oder ist es wie es nun mal ist – und gut?

Christina: Du hast vollkommen recht, dass die Trainingsbedingungen in Amerika ganz anders sind und dass Basketball dort einen anderen Stellenwert hat. Als ich ein Jahr in Miami gelebt habe, wohnte ich nur fünf Minuten von einem Streetball-Platz weg. Ich spielte dort fast jeden Tag und es war eine tolle Zeit. Jeden Abend war der Platz voll und Menschen jeder Altersklasse spielten zusammen.  Basketballerisch habe ich dort viel gelernt, gleichzeitig wurde mir bewusst, dass es sowas in Deutschland nicht geben würde. Dennoch denke ich auch, dass es ganz viel Talent in Deutschland gibt. Die Damen-Basketball-Problematik ist sehr komplex. Schön zu sehen ist, dass es positive Beispiele wie den BC Marburg gibt. Dort spielen herausragende deutsche Spielerinnen zusammen mit guten Spielerinnen aus dem Ausland.

JJ: Jetzt versuche ich Äpfel mit Birnen zu vergleichen, ich weiß… Mit dir als Fachfrau an der Seite sollte das aber funktionieren: Frauen-Volleyball wird wegen der längeren Ballwechsel oft als attraktiver eingeschätzt als Männer-Volleyball. Im Basketball dagegen sind es die Dunkings, Alley oops oder Monsterblocks, die den Männerbereich sehenswerter erscheinen lassen. Auch mir ging das so. Bis ich mir Damen-Basketballspiele oder Ausschnitte anschaute. Super Dreier, richtig schöne Korbleger nach Tempogegenstoß, schwindelerregende Dribblings, verwirrende Kombinationen, bissige Defense, taktische Raffinesse und natürlich Leidenschaft ohne Ende… Wie siehst du das, schaust du gerne Männern UND Frauen zu? Sind Vergleiche Nonsens? Warum sollen mehr Zuschauer zu euch in die Hallen strömen, beispielsweise zu den Spielen der 2. Damen Basketball Bundesliga?

Christina: Ich schaue ehrlich gesagt jeglichen Basketball gerne. Natürlich machen beispielsweise Dunkings das Spiel spektakulärer, aber mich interessiert eher das Zusammenspiel – und das kann sowohl bei Männern und auch bei Frauen bemerkenswert sein. Am liebsten gucke ich WNBA (Women’s National Basketball Association). Es ist unglaublich, was für Skills die Frauen in dieser Liga haben und auf was für einem Level sie als Team spielen.

JJ: Wenn wir einmal dabei sind, Christina, welche deiner Kolleginnen oder Kollegen, egal ob national oder international, egal ob noch aktiv oder nicht mehr, siehst du gerne spielen? Oder welche Teams?

Christina: Ich hatte das Glück, mit Spielerinnen wie Valerie Nainima, Lea Mersch, Sarah Zierhut (früher Austmann) und Birte Thimm spielen zu dürfen. Als ich noch jung war und meine ersten Schritte in der ersten Liga machen durfte, haben sie mir viel beigebracht und ich konnte mir das eine oder andere abschauen. Alle vier so unterschiedlich und auf ihre eigene Weise herausragend. Heute schaue ich besonders gerne meiner Teamkollegin Melissa Kolb zu. Sie ist eine sehr beeindruckende, variable junge Spielerin, die auch noch viele andere Zuschauer begeistern wird.

JJ: Bist du mit einem Basketballerinnentraum unterwegs? Wenn ja, welcher?

Christina: Als ich noch ein Kind war, habe ich davon geträumt, für Deutschland zu spielen, aber realistisch gesehen ist dieser Zug abgefahren ;-)! Ich möchte das Beste aus meinen letzten Jahren Basketball machen. Egal wo ich spiele, möchte ich möglichst viel Spaß mit meinem Team haben, hart arbeiten und gemeinsam was erreichen.

JJ: Danke.

* MIt freundlicher Genehmigung von Jörg Joachim

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